Das Wasser ist fort, die schlimme Flut im Ahrtal aber noch allgegenwärtig
380 traumatisierte Kinder und Jugendliche zurück im frohen Leben
Die Sturzfluten nach extremem Starkregen im Juli 2021 haben im Ahrtal 134 Menschen das Leben gekostet und eine verheerende Trümmer-Landschaft hinterlassen. Zahlreiche Menschen leben seither mit traumatischen Ängsten. Sie können das Erlebte nicht verkraften. Darunter auch mehr als 300 Kinder und Jugendliche im Alter bis 14 Jahre. Sie leiden extrem unter den Traumata-Folgestörungen und sind manifest psychisch gestört sind. Die Gefahr, komorbid an weiteren psychiatrischen Störungen zu erkranken, nimmt zu. Immer mehr suizidale Gedanken mehrten sich. Einige ließen sich bedauerlicherweise sogar dazu hinreißen, weil sie nur noch hoffnungslos „funktionierten“, mit den tiefgreifenden Erlebnissen aber leider letztlich nicht fertig wurden. Doch kein Kind darf verlorengehen.
Erfahrungsgemäß können die Betroffenen ihre fürchterlichen kaum in Worte fassen. Um die Sprachlosigkeit über das Trauma aufzubrechen und den Betroffenen wieder in ein normales Leben mit Zukunft zu verhelfen, haben sich die Charity Alliance in Kooperation mit den Therapeutinnen von „Fortuna hilft e.V.“ und dem Trauma-Hilfezentrum Ahrtal für eine Mal- und Kunsttherapie in Kombination mit therapeutischen Reitkursen entschieden. Dank einer großzügigen finanziellen Unterstützung der RTL-Stiftung „Wir helfen Kindern“ ist es gelungen, 380 traumatisierte Kinder und Jugendliche aus dem Ahrtal zurück ins frohe Leben zu führen.
Malen und Kunst sind insofern eine wichtige Unterstützung, weil es den Betroffenen dazu dient, das zu malen, was sie leider nicht aussprechen können. So malten die Teilnehmer der Traumatherapie das, was sie nicht aussprechen konnten. Sie nutzten Papier und Farben als Ausdrucksform ihres verschlossenen Innern und des Herzens, brachten so ihre Sorgen, Wünsche und Träume zum Ausdruck.
Es gelang dank der Kunsttherapie nach und nach Zugang zu Gedanken und Gefühlen der jungen Menschen zu gelangen. Unter Zuhilfenahme verschiedenster Materialien wie Bleistift, Pinsel, Papier und Leinwand bis hin zu Ton Stein oder Holz wurden die Kinder unter Anleitung einer Therapeutin gestalterisch tätig. Sie setzten sich dabei mit ihren eigenen inneren Traumata-Themen auseinander und erarbeiteten sich so Ressourcen, das Erlebte zu verkraften, aufzuarbeiten und mutig wiederaufzustehen: das Lächeln in den Gesichtern der Kinder kam wieder – was gibt es Schöneres?
Mit einer ergänzenden Reittherapie ist es parallel gelungen, den Kindern und Jugendlichen neue aktivitätsreiche Lebensfreude zu vermitteln. In dieser Therapie ist das Pferd der zentrale Motivationsträger, der die Kinder über sich hinauswachsen und eigene Fähigkeiten aktivieren lässt. Die Begegnung mit dem Lebewesen Pferd und die körperliche Bewegung mit und auf dem Pferd half den Teilnehmern*innen, ihre Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Anliegen war es, die Beteiligten endgültig von den traumatischen Fesseln der unsäglichen Flutkatastrophe zu befreien und ihnen über die schönen Erlebnisse auf den Rücken der Pferde eine glückliche Zeit zu bieten. Die Vertrautheit mit dem Pferd ermöglichte am Ende bei allen Beteiligten der Reittherapie riesige Fortschritte im motorischen wie im emotionalen Bereich: normales Leben hielt wieder Einzug.
Das frohe Leben bei gemeinsamen Kinoabenden, bei einer Weihnachtsfeier und bei Ausflügen verdeutlichten zunehmend, dass die Lasten des schlimmen Fluterlebnisse weniger wurden oder gar völlig verschwanden. Es war herrlich, die Kinder im gemeinsamen Spiel lachen, toben und jauchzen zu sehen. Dieses freudige Verhalten zeigte, dass sie die belastenden Ereignisse bewusst in ihr Leben integriert hatten, um Flashbacks zu vermeiden. Im Ergebnis sehen sie sich heute selbst als frohe Überlebende und nicht mehr als trostlose Opfer!
In ganz schwierigen Fällen hat ein Ferienaufenthalt im Sommer 2023 auf einem Reiterhof geholfen. Das bestätigt auch die Leiterin der Grundschule Bad-Neuenahr-Ahrweiler. Sie schreibt in einem Dankesbrief, dass sich alle Teilnehmer/innen nach dem Ferienaufenthalt „zunehmend aufgeschlossen und freundlich“ verhalten hätten. Fortschritte gebe es insbesondere im sozialen Verhalten und bei den schulischen Leistungen. Zuvor leicht erregbares Temperament sei gezügelt und die Regeln der Klassengemeinschaft würden besser eingehalten. Die persönlichen Fähigkeiten hätten einen absolut positiven Motivationssprung bewirkt.
Malen beim „Mittelalterlichen Sommercamp“
Stolz auf ihr Kunstwerk: Kinder und Therapeutin des Graffiti-Workshop
Macht Spaß und Appetit: Die Zubereitung der Mahlzeit im Camp.